Wie Du wurdest, wie Du bist.

Entwicklung der kollektiven Identitäten in Deutschland - Quelle Henning Isenberg

In diesem Beitrag möchte ich gerne auf das Thema „Identität“ im Kontext der historischen Entwicklung in Deutschland gucken.

In Bezug auf Identität geht es darum, zu verstehen, warum wir sind wie wir sind,

  • einerseits, um uns selbst bewusst zu werden und
  • andererseits um, uns ggf. neu zu justieren.

Dazu werfe ich heute mit Dir einmal in die Zeit unserer Ahnen, wenn Du magst.

Description:

Dabei geht es um die Polaritäten, mit denen sich die deutsche Gesellschaft entwickelt hat und den z.T. krass gegensätzlichen Ausprägungen, die die deutsche Gesellschaft anders geprägt haben, als andere Gesellschaften.

Denn diese gesellschaftlichen Diskurse waren ausschlagegebend für

  • die politische Entwicklung sowie für
  • die Prägung und das Verhalten der Bevölkerungen, also der Kollektive.

Und diese Merkmale wirken auf die Folgegenerationen. – Also, auch auf Dich und mich.

Im Seminar schauen wir uns diese Prägemerkmale, wie ich sie nenne, an.

Dieser Podcast geht dem Gegensatz von

  • Fortschrittsgläubigkeit, Modernismus, Funktionalismus gegenüber
  • Fortschrittsskepsis, Bewahrung und Kulturalismus nach.

Ab Mitte des 19. Jhrds. entwickelten sich im deutschen Bund die unterschiedlichen Strömungen zwischen dem industriell-kapitalistisch getriebenen Unternehmertypus und dem kulturell-idealistisch getriebenen Bürger-Typus. Diese diametrale Feindschaft in der Begegnung des Maschinentypus und des Kultur-Typus prägte vor allem die zweite Hälfte des19. Jahrhunderts im Deutschen Reich.

Die kultur-idealistsche Bürgergesellschaft konnte zusätzlich unterschieden werden, in die kultur-ästhetische geprägende Schicht, die den rasenden Fortschritt ablehnte und die bürgerlich-konservative Schicht, die den Heimatbegriff völkisch-national interpretierte, was nicht heißen soll, dass nicht auch im progressiven unternehmer- und leitenden Gesellschaftssegment völkisch-national gesinnte Kräfte verankert waren und vice versa.

Das Leben der in die Metropolen zugezogenen Landarbeiter aus z.B. Pommern, Hessen, Thüringen oder Westfalen wurde jetzt nicht mehr von Ernte und Jahreszeiten bestimmt, sondern vom Takt der Stahl­pressen, Maschinen und Stempeluhren.

Auf dieser Folie entwickeln sich vier Kulturen:

  • die rationale und progressive Industriekultur auf der einen und
  • die sentimental-konservative Heimatkultur auf der anderen Seite.
  • die kulturellästetisch progressive Bürgerkultur.
  • Darunter lang die unterrepräsentierte nicht bürgerliche Arbeiterkultur sowie die Reste des unteren Bauernstandes.

 

Man sieht, wie diese Kulturen oder Milieus besonders im nachhinkenden Deutschland extrem krass aufeinanderstoßen, weil die Entwicklungen eben so schnell verliefen – viel abrupter als in England, wo sich das über längere Zeit entwickelt hat.

Was also hier geschieht ist, dass die materielle Welt stärker und stärker von Ingenieuren, Chemikern und Maschinenbauern gestaltet wird. Dem gegenüber entwickeln sich die ästhetischen Vorstellungen und Traditionen und das, was man mit der deutschen Landschaft und den typischen deutschen Traditionen verbindet. Es entwickelt sich eine Gegnerschaft zum Fortschritts­gedanken.

Vom rasenden Fortschritt, von den nach Revanche sinnenden Franzosen jenseits des Rheins oder von den die Arbeiterschaft vertretenden Sozialdemokraten – denen Reichskanzler Bismarck als vaterlands­losen Gesellen die Zugehörigkeit gleich ganz abspricht – fühlen sich die tendenziell bürgerlichen Menschen im ausgehenden 19. Jahrhundert diffus bedroht. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert ruft dies neue Bewegungen auf den Plan: die Heimat- und die Lebensreformbewegung.

Darin finden sich nicht die Kapitalisten, gegen die es ja auch gerade ging, wieder – diese bauten ja überall die Energiewerke, die Fabriken, maßen Effizienz und Profitabilität aus und verunreinigten die Flüsse, die Luft und die Würde, ohne tendenziell Verantwortung für die Reinerhaltung der Umwelt und die Wohlfahrt der Menschen zu übernehmen.

Es waren tendenziell die Bildungs- und Erwerbsbürger, die um die Heimat und Ordnung besorgt und fortschrittsfeindlich einstellten waren, sowie die bürgerliche Jugend und die Arbeiterjugend, die nach Befreiung aus dem Konservatismus des Kaiserreichs strebte.

Als Gegenkultur zu Modernismus und Funktionalismus, gründeten sich nun überall im Reich Vereine zu Pflege der deutschen Kultur.

  • Heimatvereine: Das Schulfach Heimatkunde, die staatlich unterstützte Heimatpflege und die Volkskunde, nahmen in dieser Bewegung ihre Ursprünge. Heimat, Volkstum und Vaterlandsliebe ergänzen und bedingen sich nun gegenseitig.
  • Daneben keimte die Lebensreformbewegung auf – zurück zur Natur, zum Ursprünglichen, Freikörperkultur, die Naturheilkunde wurden en vogue.

 

Klar, gab es auch in beiden Bewegungen das tendenziell freiheitlich Liberale, und auch das Extremistische, wie in den Kampfbünden, Pfadfindern. Selbst in der Wandevogelbewegung fanden sich diese Polaritäten. Das ganze kulminierte in der Gleichschaltung im NS.

Ich habe immer versucht zu verstehen warum, der deutsche Typus Kultiviertheit, Sklavenhörigkeit und Funktionalismus verbinden konnte.

Dies liegt vielleicht ein stückweit im Vorhandensein

  • dieser Typen und
  • insbesondere im Vorhandensein dieser Ausprägungen in einer Person.

 

Besonders zeigte sich das im Schatten der deutschen Greul im 2. Weltkrieg, wo

  • kultivierte Menschen sich im Privaten zivilisierten und
  • sich im Fremden erbarmungslos roh zeigten.
  • Diese gewissermaßen Verhaltens- oder Neigungsspaltung natürlich nicht allein aus diesem Aspekt heraus.

 

Denn dazu, Gewalt gegen andere Menschen ausüben zu können, bedarf es einer gewissen Kälte. Auch damit habe ich mich auseinandergesetzt. In den Podcasts auf meiner Internet-Seite über NS-Erziehung und die Bindungs­forschung findest Du mehr dazu.

Durch das angesprochene Funktionalistische, das Patriarchat und den Militarismus, der nach dem Erstarken Preußens nach den Napoleonischen Kriegen dominant wurde, zählten im dt. Reich männliche Werte. Dazu gehörten:

Härte, Stärke, Konsequenz, Disziplin, Gehorsam – ästhetisch war, was dominant, gewaltig und gewalttätig war.

Empathie wurde in den wenigsten Kinderstuben gelehrt. Tendenziell sorgte ein distanziertes Eltern-Kind-Verhältnis für distanziertes, kühles Verhalten. Gleichzeitig wurden in maßgebenden Kreisen gesellschaftlich anerkannte Kompetenzen antrainiert. Wer musizieren, tanzen konnte, wer körperlich fit und stattlich war, hatte gute gesellschaftliche Chancen.

  • Herzensbildung,
  • Rücksichtnahme,
  • Verstehen,
  • Ambiguitätstoleranz

 

waren kaum geschätzte Werte.

Emotionen wurden auf

  • Ideale (Kaiser, Hindenburg, Hitler)
  • Aufstieg,
  • das Kollektiv
  • Verbünde (z.B. Arbeiterbünde, Burschenschaften, Hitlerjugend, usw.)
  • die Nation

 

projiziert und fokussiert.

So, und wenn Du jetzt eine Idee davon hast, wie der Mensch im Deutschland des 20. Jhrds. bis 1945 geprägt wurde, dann kannst Du Dir vorstellen,

  • was für einen Menschentyp dieses kollektive Klima hervorgebracht und
  • wie das in unsere Generationen hineingewirkt hat.

 

Das nennt man „Transgen. Vererbung“ und dazu mache ich noch einen ganz eigenen Podcast.

Wichtig ist zu verstehen: Die Menschen, auch unser beider Vorfahren, habe nur das gelernt, was sie gelernt haben, wir können also nicht erwarten, dass sie z.B. so reflektiert waren, wie wir es heute sind.

Neben dem Akzeptieren, gibt auch Qualitäten, die wir wieder entdecken können. Was ich z.B. durch meinen Großvater gewonnen habe, erzähle ich Dir im Podcast „Resonanz-aus-unserer-Vergangenheit-aufbauen“. Unser Auftrag, so wie es Auftrag unserer Vorfahren war – ob sie ihn wahrgenommen haben oder nicht – ist es, die Welt ein Stück lebenswerter zu hinlassen, als sie sie vorgefunden haben.

Ich hoffe, das Thema „Identität“ hat Dich ein Stückweit erreicht. Und wenn das so ist, freue ich mich unten über einen Daumen hoch und teile ihn.

Wenn Du Deine Wurzeln besser verstehen und integrieren möchtest, kann Du ihnen mit Hilfe des Seminar Selbstwert & Identität definitiv auf die Fersen kommen!)